Der Filmkreis Oberwallis (FKO) wurde 1961 mit dem Ziel gegründet, den guten und anspruchsvollen Film im Oberwallis zu fördern.
Was galt vor mehr als 50 Jahren im Oberwallis als «guter Film»?
Am 07.02.2011 veröffentlichte der Walliser Bote ein Interview von Lothar Berchtold mit Kurt Loretan und Jean-Pierre d’Alpaos:
«Gut war ein Film, der Botschaften unters Volk brachte, die christlich gefärbt waren», sagt Kurt Loretan. Und ins Zeug dafür legte sich der Filmkreis Oberwallis (FKO), der 1961 seine Gründung erlebte.
„Am Anfang stand die Angst…“
Kurt Loretan zählte seinerzeit zu den FKO-Gründungsmitgliedern. «Erster Präsident war Robert Imboden, mit dabei waren zudem ein Vertreter des Pfarreirats, eine Klosterfrau sowie der Präsident der Oberwalliser Jugendorganisationen», blickt deren ehemaliger Lehrer zurück. «Am Anfang stand die Angst – und dann war Öffnung gefragt», erzählt Kurt Loretan von den ersten Jahren des Filmkreises Oberwallis.
«Angst vor schlechten Einflüssen»
Welche Angst denn Gevatter stand bei der Geburt des FKO? «Es war die Angst vor schlechten Einflüssen, die das Medium Film auf die christliche Gesellschaft ausüben könnte», erklärt er und fährt fort: «Unser Ziel bestand darin, weg vom schlechten und hin zum guten Film zu kommen.» Was denn als «gute Elemente eines Films» angesehen wurde? «Intelligente Botschaften mit christlicher Prägung», bringt er auf den Punkt, was seinerzeit als Qualitätsmerkmal galt.
Mit Filmvorführungen war der FKO damals im ganzen Oberwallis präsent. «Wir waren von Gondo bis Leukerbad unterwegs mit unseren Apparaturen, zeigten Filme und wollten darüber mit den Leuten diskutieren», erzählt Kurt Loretan. «Es ging uns einfach darum, den guten Film zu propagieren», fügt er hinzu.
«Die Leute kamen gerne»
War man denn auch erfolgreich mit den Dorfvorstellungen? «Und wie! Die Leute kamen gerne, um Filme zu schauen. Ich erinnere mich noch gut an eine Vorstellung in Ausserberg. Von Kindern bis zu Greisen – da war wirklich alles da. Und der Gemeindesaal war zum Bersten voll.»
Mit den Jahren änderte sich die Gesellschaft – und auch der Filmkreis Oberwallis setzte sich neue Ziele. «Es ging nun darum, Filme in die Schulen zu bringen. Die Initiative dazu kam vom FKO», berichtet Kurt Loretan. Es habe zwar einige Zeit gedauert, bis man Fuss fassen konnte, «aber schlussendlich hielt in unseren Schulen die Medienkunde Einlass.»
«Das offene Gespräch mit der Jugend suchen»
Mit der Öffnung verbunden war auch ein spezielles Anliegen: Aufhebung der Filmzensur. «Hier unterstützten wir den damaligen Grossrat René Brunner in seinen Bemühungen», blickt Kurt Loretan in die Vergangenheit. Wie er denn grundsätzlich zu solchen Verboten stand und steht? «Bastionen errichten zu wollen und mit Verboten einzugreifen, bringt nichts. Man musste und muss lernen, mit den verschiedenen Medien verantwortungsvoll umzugehen.»
Was dies konkret bedeutet? «Es gilt, das offene Gespräch über die Medien zu suchen und das Gespräch mit der Jugend zu pflegen. Das verlangt, dass sich die Eltern auch dafür interessieren.»
«Ich stiess stets auf offene Ohren»
Mit seinen Filmwochen und der Reihe «Kinohighlight des Monats» ritt der Filmkreis Oberwallis seinerzeit auf Erfolgswellen. Einen grossen Beitrag dazu habe auch der Zuzug von Jean-Pierre D’Alpaos geleistet, findet Kurt Loretan. «Er sah oft in Space;Bern Filme, die wir noch nicht kannten. Diese empfahl er uns», berichtet er.
Wie denn Jean-Pierre D’Alpaos, seit 30 Jahren Mitglied des FKO, jene Jahre in Erinnerung hat?
„Wir gehen unseren Weg weiter.“
«Ich stiess mit meinen Wünschen auf offene Ohren, konnte meine Anliegen praktisch immer durchbringen», betont er. Und wie erlebte er die «Veränderung der Kinolandschaft», welche Fernsehen, DVD und Internet mit sich brachten? «Vor allem, als das Internet seinen Triumphzug begann, verloren wir an Publikum. Hinzu kam das veränderte Freizeitverhalten. Aber seit gut zwei Jahren stellen wir fest: Es kommen wieder mehr Leute zu unseren Anlässen wie Filmnacht und Filmtage.» Und wie er die Zukunft des Filmkreises Oberwallis, präsidiert von Regula Alpiger, sieht? «Wir gehen unseren Weg weiter. Leute für den guten, das heisst kritischen Film zu begeistern – dies ist und bleibt unser Ziel. Geht es doch letztendlich auch darum, gegen jene Gleichgültigkeit anzukämpfen, die in unserer Gesellschaft mehr und mehr ihre Kreise zieht.»
07.02.2011/Walliser Bote/Lothar Berchtold